Klirr.
Ich bin erschrocken, als ich das Klirren hörte.
Durch ein zu schnell vorbeifahrendes Boot war das Schiff, auf dem ich lebe und arbeite, ins Schwanken gekommen.
Ein Bilderrahmen im Bad war heruntergefallen und das Glas war zersprungen.
Auf dem Bild ist vor einer Hügellandschaft eine Latrine zu sehen. “Ihre Toilette hat eine Partnertoilette im Dorf Maghzar in Aghanistan. Breitengrad 37.20100600 Längengrad: 70.26327500″
Als ich die Toilette auf meinem Schiff gebaut hatte, habe ich für eine weitere Toilette für ein Dorf in Afghanistan gespendet, weil ich meine Dankbarkeit teilen wollte und weiß, dass Toiletten Krankheiten und Kindersterblichkeit massiv reduzieren.
In Maghzar, etwa 50 km südlich von Masar-e-Sharif war ich nie.
Doch Afghanistan liegt mir am Herzen, seit ich 2003 das Land bereiste, um die Projekte der Hilfsorganisation Shelter Now vor Ort kennenzulernen.
Die Bilder von damals wandern durch meinen Kopf.
Ich konnte mich als Frau frei auf den Straßen bewegen und erinnere mich an Schuster, Straßenhändler und Verkäufer.
Ich denke an den alten Dorfvorsteher, der allen Kindern würdevoll jeweils einen von den Bonbons gab, die wir mitgebracht hatten.
Von den Frauen, die oft erst etwas scheu, dann immer herzlicher waren.
Ich lächle, wenn ich an die Kinder denke, die sind wie Kinder überall auf der Welt – manchmal ein bisschen schüchtern wie die Schulmädchen auf dem Bild, meist aber fröhlich spielend.
Ich lächle als ich an den Mann denke, der Schicht für Schicht sein Haus aus Lehm baute und daneben schon erste Rose gepflanzt hatte – die Afghanen lieben Blumen.
Die Toilette war nur eines von vielen Projekten die ich mit eurer Hilfe unterstützt habe.
- Wir haben in Afghanistan mitgeholfen, eine Frauenkooperative aufzubauen.
- Wir halfen Bauern vom Opiumanbau zum ertragreicheren Safrananbau zu wechseln.
- Wir bauten zwei Brunnen
- Wir pflanzten Hunderte von Obstbäumen, die jetzt Familien Nahrung geben
Afghanistan in den Händen der Taliban
Und jetzt – zum Heulen.
Das Bild mit meiner Partnertoilette zerbrach an dem Tag, an dem Kabul von den Taliban eingenommen wurde.
Was wird jetzt aus dem Land werden?
Ich habe damals die Container gesehen, in die die Taliban Menschen gesperrt haben um sie darin verhungern zu lassen. Manchmal warfen sie auch eine Bombe in die Container.
Die Landschaft war gesäumt von Tausenden von abgehauenen Obstbäumen, die sie zerstört hatten, um Menschen die Lebensgrundlage zu nehmen.
Ich war in dem Stadion, wo unter der Herrschaft der Taliban wöchentlich Hinrichtungen stattfanden. In der Halbzeit der Fussballspiele.
Ich flog von dem Flughafen, von dem jetzt Menschen verzweifelt zu fliehen versuchen, sicher nach Hause und unterhielt mich währende gepflegt mit der Frau eines afghanischen Regierungsberaters.
Jetzt – wieder die Taliban?
Ich habe Tränen in den Augen, wenn ich an Afghanistan denke. Will es nicht wahr haben.
Und dann kam die Frage:
Hat sich das, was wir gemacht haben gelohnt?
Das Frauenprojekt wird sicher nicht überleben – doch was bleiben wird, wird das Wissen, das die Frauen sich angeeignet haben – wie man Obst besser anbaut und konserviert. Das wird ihnen vielleicht helfen.
Die Bäume, Brunnen und Toiletten werden hoffentlich bleiben und Menschen Wasser, Nahrung und Hygiene geben. Besser als gar nichts.
Lohnt es sich, zu investieren, wenn womöglich wieder alles kaputt gemacht wird?
Liebe lohnt sich immer.
Selbst wenn hinterher manches zerbricht, es lohnt sich, Menschen zu lieben und zu unterstützen mit dem, was man kann.
Aus heulen wird heilen
Ich denke mir: Jetzt erst recht.
Ich will nicht heulen, ich will heilen.
In den letzten 15 Jahren haben wir jedes Jahr etwa 1000 Benefizkalender verkauft haben und konnten davon 1000 Euro für Projekte an Shelter spenden konnten.
Nicht viel, aber das Geld hat für einen Brunnen gereicht oder Hunderte von Bäumen oder beim Start des Frauenprojektes.
Jetzt will ich mehr. Und habe mir etwas ausgedacht.
Weil wir – wenn wir größere Auflagen machen – pro Stück weniger Kosten haben, geben wir ab 1000 verkauften Kalendern sogar 2 Euro als Spende ab, ab 2000 verkauften Kalendern 3 Euro.
Mein Ziel ist es, 2021 Projekte für Menschen aus Afghanistan mit 10.000 Euro zu unterstützen. Jetzt erst recht!
Den Benefizkalender bekommst du hier – bestelle gern mehr – er ist wunderschön gestaltet und ein wunderschönes Geschenk für Freunde, Familie oder Kunden.
Ob wir dieses Jahr wieder Projekte IN Afghanistan unterstützen können, ist gerade mehr als zweifelhaft.
Doch ich verspreche euch, dass wir das Geld an Projekte, die Menschen aus Afghanistan unterstützen werden. Sollte selbst das nicht möglich sein werden wir Projekte für jesidische Flüchtlinge, die im Nordirak leben unterstützen.
Ich habe mich entschieden, das kaputte Glas im Bilderrahmen erst einmal nicht auzutauschen – um mich daran zu erinnern, für die Menschen in Afghanistan zu beten und zu handeln.
Wenn du mit unterstützt, freu ich mich sehr, wenn du gerade andere Themen und Projekte auf dem Herzen hast – auch gut.
Und last but not least: Wenn du direkt an Shelter spenden willst, eine Organisation, die das deutsche Spendensiegel hat und seit Jahren in der Region Katastrophenhilfe leistet und nachhaltige Projekte aufbaut, könnt ihr das hier tun – am besten mit Vermerk „Zur freien Verwendung“, dann kann das Geld am Einfachsten dort eingesetzt werden, wo es jetzt am dringendsten benötigt wird.
Danke fürs Teilen deiner Gedanken. Ich bin berührt und ermutigt. Jetzt erst recht!
Sehr gern. Ich “musste” heute einfach schreiben… und es freut mich, dass es dich berührt hat.
Liebe Kerstin, was du hier schreibst treibt mir Tränen in die Augen. Ich danke dir für diese Mut machenden Sätze. Ich weiß, sie kommen von Herzen.
Sehr gern! Ich fühle mit. Und egal was jetzt ist – ihr habt das Leben von vielen Menschen verbessert und viele gute Samen gesät. Das wird bleiben.