Zur Zeit höre ich ganz oft den Elias von Medelson-Bartholdy. Zum einen, weil ich die Musik wunderschön finde, zum anderen, weil mich die Texte bewegen. Es gibt da ein in der Ouvertüre eine musikalisch wie textlich dramatische Beschreibung der Notlage, in der das Volk sich befindet:
- Dem Säugling klebt die Zunge am Gaumen vor Durst!
Die jungen Kinder heischen (d. h. “schreien nach”) Brot!
Eine humanitäre Katastrophe! Zehntausende unschuldiger Menschen leiden – das steht außer Zweifel. Was jedoch von König Ahab und Elia intensiv diskutiert wird, ist, wer Schuld daran hat. Ahab meint, Elia habe die Verantwortung – schließlich hat er die Hungersnot ja angekündigt. Elia hingegen ist überzeugt: Durch Ahab mit seinen Götzendienst, falschen Bündnissen und der Ermordung Unschuldiger hat Gott gezwungen, die Notbremse zu ziehen, um das Volk zur Umkehr von den destruktiven Wegen zu bringen. Es kommt zum dramatischen Showdown…
Immer, wenn ich gerade diese Textzeilen höre, denke ich an die aktuelle Sitaution in Israel und Gaza. Der Text könnte auch heißen: “Die jungen Kinder leiden Not!” Raketenhagel, Bombadierung, Angst, Tod – auf beiden Seiten. “Dass in diesem Konflikt Unschuldige leiden, steht außer Frage. Was die Frage ist, ist lediglich, wer die Verantwortung dafür trägt.” sagte kürzlich jemand. Wie wahr. Wer trägt die Verantwortung? Hier gehen die Meinungen dramatisch weit auseinander.
“Das erste Opfer eines Krieges ist immer die Wahrheit.” hat Hiram Warren Johnson mal angelehnt an Samuel Johnson gesagt (“The first casualty when war comes is the truth.”). Unter den Trümmern des Kriegsgeschehens ist irgendwo die Wahrheit begraben. Oder noch tiefer… unter Jahrhunderte- oder gar Jahrtausende alten Schichten von Begegnungen und Auseinandersetzungen. Zur Zeit grabe ich mich da ein, lese Geschichte, biblische Texte, Wikipedia, deutsche, englische, amerikanische, israelische, ägyptische und sogar iranische Zeitungsartikel und Internetbeiträge, um besser zu verstehen, was da eigentlich geschieht.
Letztlich wird die Wahrheit aber nicht mit der Antwort auf die Frage, wer richtig oder falsch liegt, zu beantworten sein – selbst wenn es gelingen sollte, darauf eine Antwort zu finden. “Wer liebt hat immer recht!” heißt ein Buchtitel von Anita Lenz. Und für mich ist meine aktuelle Suche nach einem besseren Verständnis für die Situation auch die Suche nach einem Weg der Liebe. Man kann und muss nicht alles verstehen, um lieben zu können. Aber manchmal bahnt tieferes Verständnis einen Weg zu den Herzen.
Ich mag deinen Ansatz.
Danke für die Blumen!