In der Presse liest man gerade einiges über die Initiative von Bill Gates und Warren Buffet, andere Milliardäre dazu zu motivieren, die Hälfte ihres Vermögens zu spenden. So etwas habe es noch nie gegeben heißt es in den Berichten. Das stimmt so nicht.
Hier lohnt sich ein Blick in die Geschichte. Vor fast 200 Jahren tat sich ein Weber in Schottland mit einigen anderen Männern zusammen. Sie stellten die fünf (!!!) Bücher, die sie besaßen, der Allgemeinheit zur Verfügung, eröffneten eine Leihbibliothek. Als dampfbetriebene Webstühle aufkamen und die Handweber mit der Konkurrenz nicht mithalten konnten, verarmte die Familie und wanderte nach Amerika aus.
Sein Sohn Andrew profitierte davon, dass ein reicher Bürger Philadelphias, seine private Bibliothek für interessierte Arbeiterjungs öffnete – man konnte sich jede Woche ein Buch ausleihen. Andrew bildete sich so gut er konnte und er hatte die Fähigkeit, Trends zu erkennen. Ihm war klar, dass Stahl bald Gusseisen ersetzen würde. Er kaufte einen Hochofen. Da Stahl in der Mitte des 19. Jahr zum Bau der Eisenbahn benötigt wurde, um den Westen der USA zu erschließen wurde er zum reichsten Mann seiner Zeit.
In seinem Essay “The Gospel of Wealth” schrieb er einige seiner Überzeugungen nieder. Für ihn war der Glaube an den Fortschritt und die Weiterentwicklung der Menschheit Antrieb und Motivation. Er war überzeugt davon, dass begabte Menschen den technischen und wirtschaftlichen Fortschritt der Menschheit entscheidend voranbringen würden. Dass sie in dem Prozess auch reich würden, war für ihn selbstverständlich.
Genauso selbstverständlich war für ihn, dass sie diesen Reichtum nicht für sich behalten sollten. Er hielt es für eine Schande, wenn ein Mensch reich sterben würde.
Die üblichen Optionen schieden für ihn aus.
– Geld zu vererben betrachtete er als Gefahr für den Charakter der Erben, die möglicherweise nicht gut mit dem Reichtum umgehen würden.
– Geld zu verteilen hielt er für unsinnig, da seiner Meinung nach viele Menschen es nur für Konsum, nicht jedoch für persönliche Weiterentwicklung verwenden würden. Nachvollziehbar. Als ich im Flugzeug über die Spenden las, sagte mein Sitznachbar: “Die sollten mir was von dem Geld geben.” Auf meine Frage, was er denn mit dem Geld tun würde, antwortete er “Going to the beach and party…and have some drinks.” Aha.
– Geld dem Staat zu vererben hielt er für unsinnig, da damit nicht sichergestellt wäre, dass das Vermögen auf eine gute Art und Weise und im Sinn des Spenders verwendet würde.
Damit blieb für ihn nur die Option
– Geld während der eigenen Lebenszeit in Projekte und Dinge zu investieren, die dem Wohl und dem Fortschritt der Menschheit dienen.
Andrew Carnegie, lebte gemäß seiner eigenen Überzeugungen. Für ihn war der Zugang zu Bildung sehr wichtig und so finanzierte er unter anderem den Bau und die Ausstattung von mehr als Tausend Bibliotheken. Auch die Carnegie Hall in New York wurde von ihm finanziert. Insgesamt spendete er zu seinen Lebzeiten mehr als 90 % seines enormen Vermögens für Bildung und andere soziale Zwecke.
Er wurde eine nationale Ikone und inspirierte viele andere, es ihm nachzumachen – nicht zuletzt Bill Gates und Warren Buffet. So neu ist die Idee also nicht. Sondern begann mit einem Weber in Schottland, der alle seine fünf Bücher dem Gemeinwohl zur Verfügung stellte und einen Sohn prägte, der das aufgriff und weiter entwickelte.
witzig, das selbe Foto habe ich auf dem Blog eines kanadischen Fotografen gesehen ( :
Ich hab es aber selbst gemacht…Downtown Manhattan.
hmm, und wie hat er das Geld VERDIENT?
Durch Ausbeutung der Arbeitskraft anderer. Durch Lohnsklaverei.
Es ist zweifellos ehrenhaft so viel Geld zu spenden, und auch noch sinnvoll, damit es nicht nur eine Gewissensberuhigung ist, aber hat er um an das Geld zu kommen nicht zahllose erst in Abhängigkeit gebracht, um ihnen dann eine helfende Hand zu reichen?
The Gospel of Wealth? Ohne das Buch gelesen zu haben finde ich das eine ziemlich unGospelige Aussage…
war Jesus nicht ein obdachloser Rabbi, der predigte, dass eher ein Kamel durch ein Nadelöhr käme, als ein Reicher in den Himmel?
Hier etwas ausführlicher meine Ansichten zu Carnegie
http://www.bennisblog.de/?p=1239
Hi, Benni
der Link zu deinem Blog funktioniert bei mir nicht.
In Bezug auf Gospel finde ich es wichtig, zu bemerken, dass Gospel selbst kein geschützter Begriff ist, der sich nur auf Glaubensinhalte bezieht. Es ist das “Gospel of Jesus Christ”. Gospel selbst heißt erst mal nur gute Nachricht.
Ich würde mal sagen, dass es eine bessere Nachricht ist, wenn Reiche ihr Geld sinnvoll einsetzen, als wenn sie es nicht tun.
So weit ich das aus der Biographie Carnegies erkennen kann, ist er dadurch reich geworden, dass er Chancen sah z. B. die Notwendigkeit, Eisenbahnen zu bauen, und sie genutzt hat. So weit ich das erkennen kann zu fairen Bedingungen für die Menschen, die bei ihm arbeiteten.
Nicht jeder der reich wird, hat automatisch andere ausgenutzt.
In den Briefen im neuen Testament werden die Reichen NICHT aufgefordert, ihren ganzen Reichtum aufzugeben.
Ich finde es wichtig, dass wir hier nicht auf die Idee kommen, die Lehren Jesu zu einem Pseudo-Kommunismus umzubauen.
bei mir funktioniert der Link..
kannst auch einfach auf meinen Blog gehen. Ist der erste Artikel.
Mit Gospel hast du natürlich recht, aber der Begriff hat eine Tradition, auf die Carnegie denke ich sehr bewusst anspielt.
Auch ein Wohlstandsevangelium ist in der doppelten Prädestination von Calvin theologisch rechtfertigt worden, was die Grundlage der self-made-man Attitüde Carnegies ist (auch wenn er sich ja nicht als Christ identifizierte).
Der Eisenbahnbau in Amerika konnte nur durch Ausbeutung geschehen. Es gab damals den Spruch: “an Irishman buried under every tie.” weil so viele irische Immigranten bei den Konstruktionen starben.
Ist vielleicht nicht direkt mit ihm in Verbindung zu bringen, weil er ja nur produzierte, aber vielleicht als Einblick in die Arbeitsverhältnisse damals.
Ich will die Lehren Jesu nicht “zu einem Pseudo-Kommunismus umbauen”, ich denke, dass:
1. In Jesu Lehre zahlreiche “kommunistische” Ansätze drin sind, die ich nicht rein interpretieren muss.
Gütergemeinschaft der Urkirche in Jerusalem.
Die Leute werden nicht dazu aufgefordert, weil es eine FREIWILLIGE Gütergemeinschaft ist. Man kann nicht dazu gezwungen werden.
2. die Klassentheorie gute Ansätze liefert Ungerechtigkeit zu kritisieren, was gut mit dem Christentum in Einklang gebracht werden kann, siehe Befreiungstheologie (es muss natürlich gewaltfrei sein)
Noch zwei Gedanken. Ich finde es sehr schwierig, die Frage zu beantworten, wer letztlich die Verantwortung trägt. Beim Bau der Golden Gate Brücke in San Francisco sind 18 Menschen ums Leben gekommen. Wer trug die Verantwortung: Sie selbst, weil sie sich entschieden hatten, dort zu arbeiten”? Die Inhaber der Firma, die sie angestellt hatten? Die Millionen Menschen, die wollten, dass diese Brücke gebaut wird.
Ähnliche Fragen stelle ich mir beim Eisenbahnbau in den USA…
In einer unendlich komplexen Welt ist es nur selten möglich, perfekte Formen zu finden – ich finde es spannend und erleichternd, dass das Evangelium klare Richtlinien gibt, aber sehr viel Freiheit in den Ausdrucksformen lässt. Die Gemeinde in Jerusalem war die EINZIGE Gemeinde im neuen Testament, von der erwähnt wird, dass sie alles gemeinsam hatten. Bei anderen Gemeinden z. B. Korinth war das eindeutig nicht der Fall. Gott lässt uns viel Freiraum die jeweilige Ausdrucksform der Liebe zu finden. In einem Fall mag es passend sein, alles zu verkaufen, in einem anderen mag es gut sein, Materielles zu behalten, aber mit anderen zu teilen – z. B. Wohnraum.
Ich finde, dass es wichtig ist, dass jeder das tut, was in seinen Möglichkeiten steht. Also, nicht wieviel ich z. B. spende oder welches Projekt ich in Angriff nehme, wo ich mich einbringe, sondern dass ich das gebe, was mir möglich ist, das tue, was in meinen Kräften und Begabungen liegt. Wenn wir alles etwas beitragen, dann werden wir etwas bewirken. Viele Tropfen auf den heißen Stein wirken sich eben doch aus!
@Hannelore: Dem stimme ich zu. Jeder kann nur das tun, was er tun kann. Wir brauchen uns nicht mit anderen vergleichen, sonder uns “nur” die Frage stellen, ob wir im Rahmen unserer eigenen Möglichkeiten leben und handeln. Ich bin froh über Beschränkungen. Ich kümmere mich z. B. nicht um alles Leid auf der ganzen Welt, sondern konzentriere mich meist auf Afghanistan / Pakistan. Dafür schlägt mein Herz. Hier versuche ich zu helfen.