Seelenkater. Das ist mein Wort für die Erschöpfung, die man spürt, wenn sich innerlich so viel bewegt hat, dass die Seele erst einmal erschöpft ist. So wie nach einer bewegenden Konferenz oder einem intensiven Seminar, wenn sich körperliche Müdigkeit mit Erschöpfung in der Seele mischt. Das ist ganz natürlich.
Wenn das Gehirn viel neues erfährt, dann bildet es neue Synapsen, um die neue Information zu speichern. Das kostet Energie. Die fehlt an anderer Stelle. So erlebte ich es. Ich hatte eine intensive Woche gehabt, ständig neues gelernt und ausprobiert. Und ich hatte an meinem Ruhetag viel gelesen, aber mir keine Zeit genommen, Schönes zu sehen: Wasser, Natur oder auch nur ein schönes Café. So etwas füllt meine Seele wieder auf. Das fehlte mir jetzt. Ich war erschöpft.
Dazu kam ein Stück Enttäuschung. Ich hatte einen Termin bei der HNO Ärztin ausgemacht, um einige Schwachstellen überprüfen zu lassen. Der Allergietest ergab, dass meine Allergie gegen Hausstaubmilben sich noch verstärkt hat. Frust. So war das eigentlich nicht gedacht.
Allerdings ist die oft etwas mühsame Atmung durch die Nase besser geworden. Ich war da schon operiert worden. Die Operation hatte Verbesserung, aber keinen vollen Erfolg gebracht. Immerhin. Ich bekomme mehr Luft als beim letzten Test.
Und auch der Hörtest brachte Verbesserung. Das Gehör war auf beiden Ohren – aber besonders links so schlecht, dass bei weiterer Verschlechterung ein Hörgerät nötig gewesen wäre. Das rechte Ohr blieb gleich, das linke war etwas besser. Danke, Vater.
Bei aller Freude darüber, dass Gott mir an der Wichtigsten Stelle Verbesserung geschenkt hatte, blieb auch ein Stück Traurigkeit. Ich hatte mir men. hr erhofft und erbeten. Seelenkater. Wenn man ein ersehntes Ziel nicht erreicht hat, dann ist die Seele erst mal traurig und erschöpft. Und darf es auch sein.
Muss man etwa bei einem Marathon vorzeitig ausscheiden, dann nützt es nichts, wenn jemand einem sagt: „Du kannst ja wieder einen Marathon laufen!“ Man braucht erst mal eine Zeit, um den Misserfolg zu verarbeiten. Ich finde das auch bei geistlichen Marathons wichtig, um in der Beziehung zu Gott nicht in etwas Unechtes zu geraten. Ja, Gottes Wort steht. Ja, Gott will heilen. Ja, Gott erhört Gebet. Und es gibt Dinge, die ich nicht verstehen kann. Die einfach traurig sind. Traurigkeit ist kein Unglaube. Traurigkeit ist das Gefühl, dass das Sortieren begleitet. Das Sortieren von dem, wovon man sich verabschieden muss und von de, was bleibt.
Etwa der Abschied von etwas, auf das man gehofft hatte. Eine konkrete Antwort in einer bestimmten Situation. Davon kann und soll man Abschied nehmen. Und sehen, was bleibt. Etwa die Hoffnung, dass Gott auch auf andere Art und Weise als gedacht Heilung schenken kann. Und in allem immer noch gut ist.
Für mich heißt es: Abschied von dem Gedanken nehmen, dass Gott die Heilung vor der Untersuchung schenken würde. Nicht Abschied von dem Gedanken, es könnte bis 15. Juni geschehen. Das war offensichtlich nicht der Fall.
Auch bei Alex nicht, einem Obdachlosen, den ich kenne. Ich hatte nach einem Termin den Eindruck, ich sollte nicht direkt nach Hause, sondern vorher noch in eine bestimmte Gegend fahren. Auf dem Weg dorthin stand Adam am Straßenrand und winkte mir zu. Ich ahnte: Ah, für ihn wollte mich Gott in dieser Gegend haben. Ich stieg vom Rad und er erzählte mir, dass sein Magen operiert werden müsste., aber die Caritas die Kosten nicht übernehmen würde. Das tat mir so leid für ihn. Ich hatte vor Wochen schon mal für ihn gebetet, aber es hatte sich nichts geändert. Auch jetzt spürte er nichts. Ich wünschte es ihm so sehr!!!
Am Abend betete eine Freundin für mich. Beim Gebet spüre ich tiefen Frieden. Will gar nicht mehr vom Sofa hoch, sondern einfach nur da sitzen und Gott spüren. Und ich sehe ein Bild vor meinen Augen. Die Grafiken, die meine Hörfähigkeit anzeigen und die ab einer bestimmten Frequenz steil nach unten abfallen. Ich sehe wie die Kurve von unten angehoben und nach oben geschoben wird. Und ich spüre beim Gebet, wie sich im Ohr Flüssigkeit verschiebt. Das fühlt sich ganz merkwürdig, aber wohltuend an. Ich ahne: Gott ist an dieser Baustelle noch dran.
kommt eine Freundin vorbei. Wir beten miteinander. Für eine emotionale Sache und gesundheitliche Dinge, die bei ihr nicht in Ordnung sind. Ihr wird klar: Immer wenn sie bestimmte Sorgen denkt, fängt ihr Rücken an zu schmerzen. Gott redet tief zu ihr, bringt emotionale Lösung. Und ich genoss es dabei zu sein, den Prozess zu begleiten und fördern. Auch wenn ich Ich genieße es, wenn genug Zeit und Ruhe für Gebet da ist . Wenn ich auf Gott hören kann.
Ich bete auch für ihre Pollenallergie. Oder eher gegen die Allergie und dafür, dass ihre Schleimhäute sich mit der wunderbaren Schöpfung Gottes aussöhnen und all ihre Sommerherrlichkeit und Schönheit genießen können. Später erhalte ich eine SMS von ihr: „Ich kann unglaublich gut atmen heute Abend!“ Wie wunderbar.
Hallo Kerstin, diesen Seelenkater kenne ich auch und du hast ihn schön in Worte gefasst. Letzte Woche wurde bei mir um Heilung gebeten und der Eindruck war da das Gott diese in einem Prozess schenkt. Danach die Woche ist es nun richtig schlimm geworden, gerade in einer Zeit wo wir auch viel Neues erleben und bewegen. Das macht traurig und muß sortiert werden. Und das darf sein. LG, Ina