War ich heute lebendig?
Ja!
Was habe ich neues über das Leben gelernt?
Ein Leck ist nur dann in Leck, wenn es unter Wasser ist. Bisher dachte ich: Ein Loch ist etwas, durch das Luft reinkommt. Ein Leck ist etwas, durch das Wasser reinkommt. Seit heute weiß ich, dass diese Definition nicht ganz korrekt ist. Ein Loch ist nur dann ein Leck, wenn es unter der Wasserlinie ist. Aktuell habe ich kein Leck – das ist beruhigend. Aber ich habe ein Loch durch das Wasser reinkommt. Nicht in rauen Mengen, aber tröpfelnd…. Das Loch ist an der
Unterkante der Wallschiene. Eine Wallschiene ist eine Art Stossdämpfer, der Rund ums Schiff läuft. Er stabilisiert das Schiff und hat auch den Vorteil, dass man – wenn man irgendwo anlegt, etwas Abstand hat. Die Wallschiene ist hohl. Das heißt, wenn irgendwo oben ein Loch ist, kann sich das irgendwo im Inneren in der Wallschiene sammeln – in der Regel am tiefsten Punkt – und dann früher oder später die Wände durchrosten….Das erlebe ich gerade an einer Stelle. Was bedeutet: Loch finden. Wallschiene innen so gut wie möglich trocknen ( = praktisch unmöglich), kaputte Stellen schweißen. Ich hoffe, es ist nicht allzu schlimm….
Was habe ich neues über mich gelernt?
Ich gehe tiefe Verbindungen zu Menschen ein – das kann mich dann auch tief berühren. Es ist ein bisschen wie bei den Löchern und Lecks im Schiff – da wo etwas offen ist, kann was durchfließen. Und ich scheine besonders viele Öffnungen zu Menschen zu habe. Ich weiß nicht, wieso das so ist, aber ich erlebe, dass ich Menschen tief an mein Herz lassen kann. Manche Menschen haben mir erzählt, dass sie nur Kapazitäten für ein oder zwei Menschen haben, denen sie sich sehr nahe fühlen. Ich erlebe, dass es manchmal nur wenige Begegnungen braucht, damit Menschen sich tief in meinem Herzen einnisten können. Manchmal ein Coaching-Gespräch, in dem ein Mensch sehr offen von sich erzählt – so wie ich es gestern wieder erlebt habe – und plumps – ist er mir schon ins Herz gefallen….und die Nähe und Verbundenheit, die ich spüre, bleibt.
Das ist oft wunderschön. Und manchmal auch schmerzhaft. So wie diese Woche. Sonntag der Schlaganfall von Bernd, der mir in den letzten Monaten soo viel am Schiff geholfen hat. Ich bin dankbar, dass die Operation gut ging, aber dass es ihm nicht gut geht, nimmt mich mit. Seine rechte Seite und das Sprachzentrum brauchen Heilung und Neubelebung – sicher auch durch ein Wunder – für das, was die Ärzte nicht können.
Dann Montag die Nachricht, dass der Enkel einer lieben Freundin verstorben ist. Wir hatten monatelang für das Frühchen gebetet, dessen Lungen sich nicht entwickeln wollten…und obwohl ich ihn nie gesehen habe – er war zeit seines Lebens in der Klinik – hab ich den kleinen Mann sehr ins Herz geschlossen….und habe geweint und weine immer noch, wenn ich daran danke, dass seine Familie ohne ihn weiterleben muss. Da hat mein Herz ein Leck (oder Loch) und es tropft durch. Auch wenn er jetzt garantiert ungeahnt schöne Welten entdeckt. Ohne Schmerz, piepende Apparate und so weiter.
Und dann kam am Freitag die Nachricht, dass Esther Lanz heimgegangen ist. Esther und ihr Mann Manfred gehören zu den Autoren von Down to Earth. Manfred hat – nach Jahrzehnten als leistungsorientierter und getriebener Mensch – plötzlich die Entdeckung gemacht: Es gibt einen Vater im Himmel, der mich liebt. Der mich liebt. Der MICH liebt. Der liebt! Ohne Ansprüche, Erwartungen. Einer, der einfach liebt. Die beiden haben dann gemeinsam die Liebe des himmlischen Vaters immer weiter entdeckt, ausgelotet, genossen. Und darüber geschrieben. Ihr Quadro “Gottes Vaterliebe” gehört zu den Beststellern bei uns im Verlag – und hat unzähligen Menschen geholfen, Gottes Liebe mehr an das eigene Herz zu lassen.
Ich habe geweint, als ich gehört habe, dass sie den Kampf gegen den Krebs verloren hat. Es ist einfach traurig – für Manfred, die Kinder, all die Menschen, denen sie Mutter und Trösterin und Begleiterin war. Ich hätte sie gern noch länger hier auf der Erde gehabt…verstehe es nicht.
Verbindung zu Menschen schmerzt – wenn die Menschen schmerzen erleiden und ich mitfühle…und es mich mitnimmt.
Das ist die eine Seite. Die andere ist, dass durch jede Verbindung Leben fließt….lebendiges, wunderbares, schönes Leben!
So wie durch die Karte, die ich gestern von einer Frau erhalten habe, die ich noch gar nicht persönlich kenne, aber die mir mir durch diesen Blog, meine Bücher und Quadros verbunden ist. Sie schrieb mir eine liebevolle Karte, legte einen Geldschein bei, mit der Bitte / Erlaubnis ihn für etwas zu verwenden, was ich mir sonst gerade nicht leisten würde….ein Kleidungsstück, Essen gehen, Kino – oder Theaterbesuch. Und sagte, das sei, um mich zu erinnern, dass Gott mir sagen will: “Ich versorge dich nicht nur mit dem Nötigsten und dem, was du fürs Leben oders Schiff brauchst, sondern auch mit allem, was du dir darüber hinaus noch wünscht und was dir gut tut.”
Eine andere Frau schrieb mir: Mit 2. Könige 6, 16: “Fürchte dich nicht, denn derer sind mehr, die mit dir sind, als derer die bei ihnen sind.” (Anmerkung: Das Zitat stammt aus einem Text, den – in einer Belagerungssituation – ein weiser Mann einem anderen zugesprochen hat, der vor Angst die Hosen voll hatte.) schicke ich Ihnen ganz herzliche Segensgrüße für einen guten Start in den November
Das tut so gut!
DANKE!
Leben ist reich – manchmal reich an Schmerz – und oft reich an Schätzen.
Hallo Kerstin,
du berichtest etwas wertvolles, tiefes, von DIR.
Dein Mut zeigt auch die Freiheit in und aus der Du lebst – wunderbar.
Danke, dass ich das mit”erleben” darf.
Ja, das Leben ist sehr vielschichtig, aber unser Herr ist dennoch überall der Herr!
Jens