Für eine Frau wie mich, die gern lernt, war das ein besonderer Tag. Eines meiner Themen hier ist ja, zu lernen, in Gottes Gegenwart zu bleiben. Meine Freundin Rosemarie spricht immer davon, dass Frieden eine Substanz ist und dass man es spürt, wenn man den Raum des Friedens verlässt. Oder eben auch spürt, wenn man im Frieden ist. Christus ist Friede in Person.
Ich wollte den Tag über versuchen, im Frieden zu bleiben. Am Morgen nahm ich mir viel Zeit, sanfte Lobpreismusik zu hören und mich daran zu erinnern und wahrzunehmen, dass Christus in mir ist und ich in ihm. Das tat einfach tief gut.
Mittags wollte ich nach Chester fahren, um dort in einem Café in der Innenstadt das Markusevangelium zu lesen und zu sehen, ob Jesus noch etwas für mich zu tun hat – irgendein Mensch, dem er durch mich begegnen will oder was auch immer. Sua wollte zur gleichen Zeit in die Stadt und da die Busse wegen eines Feiertags nicht fuhren liefen wir am Kanal entlang, sie erzählte mir von ihrer Familiengeschichte und gemeinsam beten wir für den Vater einer Freundin von mir, der gerade nach Organversagen ins künstliche Koma versetzt wurde. Später am Abend erfuhr ich, dass das Fieber zurückging und auch der lebensbedrohlich hohe Blutdruck von 180 auf 110 heruntergegangen ist. Danke, Jesus!
Ich wollte eigentlich in ein Café in der Innenstadt gehen, aber empfand, dass Gott mich auf ein bestimmtes Restaurant am Kanal aufmerksam machte. Wie genau spricht er? Manchmal durch eine innere Anziehung.
Ich ging rein und setzte mich auf den einzig bequemen Platz in der Nähe eines Fensters. Ich fing beim Markus 1 an zu lesen, kam aber nicht weit, weil neben mir eine Spanierin ihren beiden englischen Freundinnen einen Kurzabriss der englischen Geschichte gab, die sie für den Einbürgerungstest gelernt hatte „Im Mittelalter hat die Pest ein Drittel der Bevölkerung abgemurkst, aber das war gut, weil dann gab es nicht genug Arbeitskräfte und die Leute, die Arbeiter haben wollten, mussten die besser behandeln als vorher. Später gab es einen König, Charles. Der taufte nicht so viel, da gab es dann einen Bürgerkrieg und Oliver Cromwell hat ihn dann abgesetzt. Dann gab es 12 Jahre lang eine Republik. Aber als Cromwell dann starb, waren sie ratlos und holten dann den Sohn von Charles zurück, aber der war auch nicht besser als sein Vater… “
Wir kamen ins Gespräch, natürlich auch über das, was ich hier mache. Ein langes, offenes Gespräch über das, was Glaube ist. Ich hab nach einer Weile gefragt, ob ich für sie beten kann. Die Spanierin war so berührt von Gottes Geist, dass sie sagte „Gleich fange ich an zu weinen!“ Eine der Frauen hatte kein besonderes Anliegen, bat einfach um Segen. Als ich für sie betete, kam mir das Wort „Haus“ in den Sinn. Und ich fragte sie, ob sie gerade irgendwie Herausforderungen hätte, die mit einem Haus zu tun hätten. „Ach ja, das habe ich ja ganz vergessen, als du mich gefragt hast: Ich versuche gerade mein Haus und das Haus meiner Eltern zu verkaufen.“ Ich erklärte ihr, dass Jesus mir das gesagt hat, um sie wissen zu lassen, dass er sich um die Dinge kümmern will, die ihr am Herzen liegen.
Gerade als ich gehen wollte, kam Sua rein, wollte sehen, ob ich noch da bin. Sie erzählte den Frauen einen Teil ihrer Lebensgeschichte und Begegnung mit Jesus und ging auch auf ein persönliches Problem von einer der Frauen ein. Wir beteten noch mal für die zwei noch verbleibenden Frauen. Für eine war es eine große Frage, was sie mit ihrem Leben machen soll. Ich ermutigte sie, den Schöpfer zu bitten, ihr das zu zeigen. In den zwei Stunden, die wir zusammen verbracht haben, ist ganz viel Herzlichkeit gewachsen, es fiel uns allen richtig schwer, uns zu verabschieden.
Sua und ich gingen zurück. Kamen an drei Jungs vorbei, die im Gras saßen und etwas rauchten, was nicht nur reiner Tabak war. Einer hatte ein T-Shirt an – mit einer Kugel auf der 500 Pfund stand. Wir waren schon 20 Meter weitergegangen, aber der Gedanke „Der junge Mann sehnt sich danach, etwas gewichtiges zu tun“ lies mich nicht los. Also ging ich zurück. Erzählte ihm, dass mir sein T-Shirt aufgefallen war und dass ich manchmal erlebe, dass Gott zu mir spricht. Ich sagte, dass ich empfand, dass er Sehnsucht danach hat, etwas Gewichtiges in der Welt zu tun. „Ja, das stimmt!“ Und ich empfahl ihm, mit Gott in Verbindung zu kommen, um sich zeigen zu lassen, was. Ich fragte, ob ich für ihn beten und meine Hand auf seine Schulter legen dürfte. Das war ok. Ich bat dann einfach, den Heiligen Geist, ihn zu berühren und ihm zu zeigen, dass er real sei. Nach dem Gebet fragte ich ihn, ob er etwas empfunden hat. Er meinte: „Deine Hand ist nicht mehr auf meiner Schulter, aber ich kann das immer noch genauso spüren! Das ist krass!“
Er hieß Andy, wir erzählten ihm von dem Jünger Jesu. Und seine Freunde hießen Paul und Lukas, so erzählten wir ihnen von den Männern, nach denen sie benannt waren. Beim Erzählen hatte ich an einigen Stellen das Empfinden, ich sollte bestimmte Aspekte betonten und auf sie übertragen. „Lukas war jemand, der Geschichten von Jesus erzählt hat. Und er war jemand, der Arzt war. Ich glaube, du hast ein großes Herz für Menschen, denen es nicht so gut, kümmerst dich um sie.“ „Ja, das stimmt voll, das macht er!“ bestätigten seine beiden Freuden.
Bei Paul hatte ich das Empfinden, ich sollte betonten, dass er – wie Paulus ziemlich klug war – und nicht so sehr Geschichten erzählt, sondern eher die Prinzipien rausarbeitet. „Stimmt voll!“ bestätigten die Freunde wieder. Beim Beten für die Jungs hatte ich bei einem den Eindruck, er hätte ziemlich Angst im Dunkeln und vor Dingen wie Vorhängen, die sich bewegen etc. Natürlich wollte ich ihn nicht vor seinen Freunden nicht bloßstellen oder blamieren, also hab ich ihm gesagt: „Hast du früher dich manchmal unwohl gefühlt, wenn ein Vorhang geweht hat?“ Heftiges Kopfnicken. „Bei so was kann man Jesus um Hilfe bitten!“
Sua fragte noch, ob die Gott erleben wollten, wenn er real ist. Klares Kopfnicken. Also beteten wir noch dafür, dass Gott sich ihnen weiter zeigen möge. Kopfschüttelnd sagte Andy, als wir gingen: „Ich glaub ich hab noch nie in ´nem Kreis gesessen und gebetet…“
500 Meter weiter kam uns ein junger Mann mit offenem Gesicht entgegen. Ohne groß nachzudenken sprach ich ihn an: „Du hast ein Strahlen im Gesicht!“ Ich ahne immer mehr, dass viele der Dinge, die mir an Menschen auffallen, Stupser des Heiligen Geistes sein könnten.
Im Gespräch stellte sich raus, dass er Jesus kennt und ihm folgt. Schön, dass man das Sehen oder zumindest ahnen kann. Wir haben für ihn gebetet, beim Beten hatte ich das Empfinden, Jesus will ihm sagen, dass er sich um seine Schwestern kümmert. Er hatte zum Glück welche! Eine davon war als Teenie schwanger geworden, musste die Schule abbrechen, das hat sie alles aus der Bahn geworfen. Sie kommt erst jetzt so langsam mit ihrem Leben wieder klar.
Mir wird immer deutlicher: Wenn Jesus übernatürlich etwas über einen Menschen offenbart, dann nicht in erster Linie um seine Macht und Allwissenheit zu demonstrieren: Ich bin besser als die NSA, weiß alles über dich. Sondern vielmehr um zu zeigen: Ich kümmere mich um die Dinge, die dich bewegen: Dein Hausverkauf, deine Angst im Dunkeln, deine Schwestern. Was für ein wunderbarer, fürsorglicher Gott.
Ich wollte noch Lebensmittel einkaufen, Sua ging direkt zurück. Ich sah noch einen Mann an einer Bushaltestelle, der gerade etwas aß, empfand, dass ich ihn ansprechen soll. „Herrliches Wetter, um was zu essen. Guten Appetit!“ „Ja, wirklich gut, danke. Schönen Tag noch!“ Ähm. Dann wusste ich nicht weiter.
Ich hab auf dem Heimweg mit Jesus darüber gesprochen und ihn gefragt, wie man denn solche Gespräche am besten führt. Dann fiel mir eines von denen ein, die Jesus mit einer wildfremden Frau geführt hatte. Da ich meine Bibel dabei hatte, las ich es auf einer Parkbank im Johannesevangelium Kapitel 4 nach. Jesus knüpfte an etwas alltägliches an „Gib mir zu trinken!“ und lenkte das Gespräch dann auf geistliche Themen „Ich könnte dir Wasser geben, das dich zutiefst erfüllt!“ Sie kapiert es erst nicht, dass er von etwas geistlichem spricht, fragt ihn, wie er das ohne Krug hinkriegen will. Er erklärt ihr dann ziemlich direkt, dass er der Messias ist.
Als sie nach wie vor etwas skeptisch ist, sagt er ihr, dass sie fünf Affären mit Männern hatte und dass der, mit dem sie jetzt zusammen ist, auch nicht ihr Mann ist.“ Die Bibel sagt nicht, in welchem Tonfall er das sagte. Ich bin sicher, dass er es mit tiefer Liebe sagte, denn er ist die Liebe in Person.
Mir wurde klar: Ich mach das ja fast genauso wie Jesus – bisher noch ohne das Ergebnis, dass sie Leute sofort die ganze Stadt herholen. Aber ich bin in Gesprächen meist dem Muster gefolgt, ein Gespräch mit etwas ganz offensichtlichem zu beginnen, dann, wenn es passte, auf ein geistliches Thema überzuleiten. Und gelegentlich hat Jesus dann beim Gespräch oder Gebet noch etwas offenbart, was zeigte, wie sehr er die Person im Blick hat.
Ich hatte – vielleicht durch irgendwelche „Powerstories“, die ich von anderen gehört hatte. Gedacht, dass Gott übernatürliches Wissen als Gesprächseinstieg gibt. Man weiß etwas über eine Person, sagt es ihr, sie fällt auf die Knie und erkennt Gott.
Das echte Leben – auch das von Jesus – ist ein ganzes Stück weniger dramatisch. Ich will das Johannesevangelium, in dem viele „Wort-Wunder“ stehen, noch tiefer lesen, aber die Geschichten, die mir aus dem Gedächtnis einfallen – von Nikodemus bis hin zur Frau am Jakobsbrunnen und der Wiedereinsetzung von Petrus in Johannes 21 zeigen, dass die übernatürlich richtigen Worte, die Jesus für Menschen hatte, im ganz normalen Kontext einer Begegnung geflossen sind.
So wie ein paar Minuten später auf den Golfplatz, als ich einen Mann beobachtete, der unter den Büschen nach seinem Golfball suchte. Als unsere Wege sich später kreuzten, teilte ich ihm einfach meine Beobachtung mit. „Ich habe sie gesehen, wie intensiv sie nach ihrem Ball gesucht haben. Als ich das so sah, dachte ich: Gott sucht nach Ihnen, genauso intensiv, wie sie nach ihrem Ball gesucht haben. Er will gern ihr Freund sein!“ „Oh, das ist gut. Man kann im Leben alle Hilfe brauchen, die man kriegen kann!“ „Ja, und Gott will gern mit Ihnen durchs Leben geht!“ „Ja, danke und passen Sie gut auf sich auf!“
Hallo Kerstin,
ich finde es cool, dass Du uns so ausführlich an Deinen Erlebnissen teilhaben lässt und das öffentlich zugänglich machst – da lerne ich als Daheimgebliebenen gleich mit =) und muss nicht traurig oder neidisch sein, jetzt nicht mit Dir tauschen zu können =)))
Viel Segen weiterhin! Und noch viele so coole Begegnungen. Was gibt es Schöneres als so ganz persönlich ins Leben eines Menschen sprechen zu dürfen und zu erleben, wie Gott ihn berührt… Genieß es!!!
Viele Grüße,
eine gelegentliche Blogleserin