Ich will lernen, lernen, lernen. Wenn ich hier weggehe, will ich in vielen Bereichen sicherer sein als ich es zu Beginn hier war. Und ich habe (fast) keine Angst davor, Fehler zu machen. Fehler gehören dazu. Das sage ich nicht einfach so als Kopfwissen. Vor einigen Jahren half mir eine wahre Geschichte, zu erkennen, wie wichtig Fehler fürs Lernen sind.
Vor einigen Jahre habe ich mal von Robert Kiyosaki gelesen, der ein sehr erfolgloser Verkäufer von Xerox Kopiergeräten war. Als er seinem Mentor davon erzählte, sagte der: “Du führst derzeit nur ein paar wenige Verkaufsgespräche pro Tag. Wie in aller Welt willst du da lernen, was funktioniert und was nicht? Du musst einen Weg finden, deine Fehlerquote zu erhöhen, um schneller zu lernen!”
Der Mann suchte sich, um bewusst seine Fehlerquote zu erhöhen, neben seinem Job bei Xerox noch einen zweiten Job als Telefonverkäufer. Dort musste er jeden Abend vier Stunden lang am Telefon Leuten etwas verkaufen. Am Anfang machte er einen Fehler nach dem anderen. Aber weil er so viele Gespräche führte, lernte er schnell, was funktioniert und was nicht. Und wurde immer besser – als Telefonverkäufer und dann auch als Xerox Verkäufer. Er wurde am Ende als bester Verkäufer seines Bundeslandes ausgezeichnet, verlies dann aber Xerox um sich selbständig zu machen.
Auch wenn geistliche Dinge nicht mit dem Verkaufen von Kopiergeräten zu vergleichen sind, ist es doch so, dass wir vieles lernen müssen. Ich hab zum Beispiel bisher keine Ahnung, wie man das mit dem Gebet für Kranke wirklich macht. Oder gar wie ich unterscheiden kann, ob jemand eine “normale” Krankheit hat oder etwas, was durch dämonischen Einfluss hervorgerufen wurde. Eine normale Krankheit heilt man. Wenn dämonischer Einfluss vorliegt, ist es sinnvoll, erst zu schauen, wie der reinkam (oft durch Traumata, Schmerz oder durch Ungehorsam Gott gegenüber). Wenn das dann bereinigt ist, kann man in der Autorität Jesu entspannt um Befreiung beten. Soweit die Theorie. Wie das praktisch geht, will ich auch noch lernen. Habe aber heute Aliss nach ihren Erfahrungen befragt.
Für heute war die Aufgabe, Worte der Erkenntnis zu üben. Es ist – soweit ich weiß, theologisch nicht 100% geklärt, wie das definiert ist. Aber viele Menschen im geistlichen Dienst verstehen darunter, dass man Erkenntnis über eine Situation im Leben eines Menschen bekommt, die man natürlicherweise nicht über eine Person wissen kann, es sei denn, Gott hat es offenbart.
Oft Zeit Gott durch ein Wort der Erkenntnis etwas, was einer anderen Person wichtig ist, oder eine Schwierigkeit in Beruf oder Beziehungen, bei der Gott ihnen helfen will. Oder Gott offenbart eine Krankheit oder einer anderen Not, der er begegnen möchte.
Die Art, wie man ein Wort der Erkenntnis empfängt, kann ganz verschieden sein. Manchmal hat man ein inneres Empfinden, manchmal sieht man ein Bild oder hat ein bestimmtes Wort im Kopf, manchmal spürt man selbst Schmerz an der Stelle die Gott bei einem anderen Menschen heilen möchte.
Als ich betete und Gott um so ein Wort bat, erinnerte ich mich daran, dass ein Mann hier mir erzählt hatte, dass er eine bestimmte Sache nicht macht. Ich empfand, dass da etwas dahinter steckt, dem Gott begegnen will. Ich fragte ihn danach. Er kratze sich am Kinn: “Hmm, das könnte sein!” Nicht gerade ein Volltreffer.
Dann empfand ich, dass die Tante einer Frau ihr als Kind etwas weggenommen hat, das ihr persönlich wertvoll war. Ich erzählte ihr davon. Und sie meinte: “Ich habe nur eine Tante – sie hat uns allen das Leben schwer gemacht. Aber ob sie mir etwas weggenommen hat, weiß ich nicht. Daran kann ich mich nicht erinnern.”
Hmm…Volltreffer klingen anders. Aber ich lerne. Und mache Fehler.
Später kam mir bei einer Begegnung mit einer anderer Frau das Wort “Bruder” in den Sinn. Ich fragte sie, ob sei einen Bruder hat. Sie erzählte mir einige Details aus ihrer Familiengeschichte und dass sie in den letzten Tagen viel an ihren Bruder gedacht hatte. Da ich weiter nichts Klares von Gott dazu hatte, fragte ich sie, ob ich für die Beziehung unter den Geschwistern beten dürfe. Und ich hab einfach um Segen gebetet. Sie war berührt und ermutigt. Ich auch. Ich finde es schön, dass man hier so Schritt für Schritt an Neues angeführt wird. Und ich will lernen, lernen, lernen.
Der Mann, den ich fragte, ob er sich kürzlich am Finger geschnitten hatte, verneinte. Klarer Fehler. Auch ok. Kein Weltuntergang.
Zum Thema “Gottes Stimme hören”, haben wir als vertiefende Lektüre das Buch von Steve Thompson “Alle können prophetisch reden!” empfohlen bekommen. Ich hab Steve schon mal live erlebt – er ist ein genialer Trainer. Schon der erste Abschnitt des Kapitels über die Art, wie Gott redet, hatte es in sich: “Wenn wir Gottes Stimme hören lernen wollen, ist es wichtig, zuerst einmal wahrzunehmen, dass es sich bei Gottes Stimme selten um eine Stimme handelt!”
Es gibt natürlich die dramatischen Kommunikationsformen Gottes. Engel, Visionen, in den Himmel entrückt werden. Die kriegt man mit, wenn man sie erlebt. Aber häufig verpassen wir das Reden Gottes, weil es so unscheinbar daher kommt. Er beschreibt dann unterschiedliche Arten und Weisen, wie Gott kommuniziert:
- Ein innerer Gedanke – das ist die berühmte “leise, innere Stimme”, die wir oft wegschieben. Was mir beim Erkennen dabei, ob es Gottes Stimme ist, hilft ist die Abwehreaktion. Wenn ein Gedanke von mir selbst entspringt, dann denke ich selten gleich danach “Was ist denn das für ein komischer Gedanke? Wo kommt der denn her?” Wenn ich einen Gedanken als “merk-würdig” einstufe, kann das ein Hinweis darauf, dass er nicht aus mir, sondern aus Gott entsprungen ist.
- Ein Gefühl, das nicht typisch für einen selbst ist (ich habe mich mal bei einer Gebetsreise sehr minderwertig gefühlt, was untypisch für mich ist. Ich dachte, ich fühle das, weil ich die jüngste und unerfahrendste im Team war. Nach drei Tagen stellten wir fest, dass alle im Team sich so fühlten – selbst die Leute, die in meinen Augen geistliche Helden waren. Wir verstanden, dass Gott uns ein Gefühl fühlen lies, das nicht unseres war, aber das das Land, in dem wir waren, kennzeichnet – viele Menschen dort fühlten sich offensichtlich so. Das gab uns einen Hinweis darauf, wie wir beten konnten. Ähnliches habe ich oft gespürt, wenn wir betend in Berlin oder anderswo unterwegs waren: Plötzlich war eine Bedrückung zu spüren oder Freude oder Ungezogenheit oder… Das waren nicht “meine” Gefühle, sondern Gottes Art, mir über meine Gefühle etwas mitzuteilen, was in dieser Gegend los war.
- Ähnlichkeiten: Wenn man jemanden sieht, plötzlich an jemand anderen erinnert zu werden und denken. Es kann sein, dass Gott einen so auf eine Ähnlichkeit aufmerksam macht z. B. dass die Person, die man sieht eine ähnliche Berufung oder ähnliche Probleme hat wie der Mensch, den man kennt. Eine sehr lustige Variante dieser Art Gottes zu reden, habe ich eben erlebt. Ich habe in der Küche eine Frau getroffen, die ich schon kannte. Ihre Nase hat mich an eine Kartoffelknolle erinnert. Das habe ich ihr natürlich nicht gesagt, ich wollte sie schließlich nicht beleidigen. Aber ich dachte an das, was ich gerade über “Assoziationen mit Ähnlichkeiten” gelesen habe und habe dann weiter überlegt, wofür Kartoffel steht. Ganz klar für Nahrung. Ich habe ihr dann gesagt, dass ich empfinde, dass sie jemand ist, der viele Menschen nährt – nicht mit Süßkram, sondern mit gesunder Basisnahrung. “Ja, das stimmt!” sagte sie. “Meine Familie kommt aus Irland und meine Kartoffeln sind einfach die besten. Meine Kinder und Enkel nennen mich deshalb “Kartoffel-Königin!” Wie bitte. Ich hätte das mit der Kartoffel doch sagen sollen (das mit der Nase natürlich nicht). Dann habe ich dafür gebetet, dass Gott sie segnen soll. Und beim Beten habe ich an die Geschichte eines Schweizer Landwirts gedacht, der in einem trockenen Jahr im Vertrauen auf Gott Kartoffeln geerntet hat, obwohl das Kraut vollkommen vertrocknet war. Seine Kartoffeln waren riesig. Ich empfand, dass sie tief graben soll und dann auch an Stellen Ernte erleben wird, wo sie es nicht erwartet. Sie erzählte, dass sie im letzten Jahr dachte, ihre Kartoffelpflanzen hätten keinen Ertrag gebracht. Aber als sie dann im Winter die alte Kartoffelerde umgrub, stieß sie in der Tiefe auf riesige Kartoffeln – die leider nicht mehr essbar waren. Wenn Gott durch ein Bild spricht, das man tatsächlich selbst erlebt hat, ist die Wahrscheinlichkeit natürlich groß, dass man sich daran erinnert. Ich weiß nicht, was “tief graben”für sie bedeutet…aber ich vermute, dass sie das nicht so schnell vergessen wird. Ich glaub das war so nah an einem Volltreffer dran, wie man an einem ersten Tag nur kommen kann.
- Schmerzen / Körpergefühle: Manche Menschen spüren, wenn sie für jemand anderen beten, plötzlich einen Schmerz an einer Stelle, an der sie sonst eigentlich keine Schmerzen haben. Das kann ein Hinweis Gottes auf einen Schmerz sein, den die betreffende Person hat – und darauf, dass Gott das heilen möchte.
- Gerüche und Geschmack: Etwas riechen oder schmecken, das eigentlich nicht wahrnehmbar ist und nicht zu der Umgebung oder dem passt, was man als letztes gegessen hat z. B. kann ein wunderbarer Geruch, den man plötzlich wahrnimmt auf Anbetung hinweisen.
Es gibt noch viele weitere Formen, wie Gott kommunizieren kann…z. B. Zeichen: ich sehe oft Verkehrsschilder und Inschriften – und plötzlich bekommen sie für mich eine geistliche Bedeutung.
Ganz oft geht es gar nicht darum, Gott zum reden zu bringen. Er redet dauernd und gern. Es ist vielmehr eine Kunst, zu lernen, sein vielfältiges Kommunizieren mit uns und durch uns für andere wahrzunehmen.
Ich habe Rob, den Leiter hier, gefragt, wie er selbst denn Worte der Erkenntnis bekommt. Er gab mir ein paar wertvolle Impulse:
- Übe dich darin, in einer Haltung der Aufmerksamkeit Gott gegenüber zu sein.
- Wir werden nie 100% sicher sein, ob wir ein Wort von Gott haben oder nicht. Glaube buchstabiert sich immer so: R. I. S. K. I. O.
- Ich nutze meine Vorstellungskraft, um ins Hören einzusteigen. Oft gehe ich Morgen in Gedanken zum Thron des Vaters. Dann frage ich ihn: Was hast du heute für mich in deiner Hand? Für mich als Geschenk oder für mich zum Weitergeben an andere? Dann versuche ich, mit meinen geistigen Augen wahrzunehmen, was er in der Hand hat.
- Die Zeit zwischen Wach sein und Schlaf ist oft eine Zeit, in der Gott viel redet. Die Bibel nennt das “nächtliche Visionen”, was etwas anderes als Träume sind. Wenn ich wach genug bin, um mir zu notieren, was ich in diesen Phasen zwischen Schlafen und Wachen sehe, dann sind das oft die klarsten und kostbarsten Eindrücke.
- Wir haben den Sinn Christi. Von daher ist – wenn wir geprägt und geformt von ihm sind, oft kein großer Unterschied, zwischen dem, was wir denken und dem, was Christus gerade tun will. Ich war gestern beim Abendessen und hatte es einfach auf den Herzen, die Kellnerin zu ermutigen. Eine Wasserkaraffe mit Zitronen erinnerte mich an das Sprichwort: “Wenn das Leben dir Zitronen gibt, dann mach Limonade daraus!” Ich hatte das Empfinden, dass sie eine Frau sein, die Schweres in Positives verwandeln kann und sagte ihr das. Sie erzählte dann, dass ihre Oma vor einer Woche verstorben war und dass dies ihr erster Arbeitstag sei und dass das Wort sie ermutigen würde.
Ich werde Rob und andere hier weiter Löcher in den Bauch fragen. Und von ihren Erfahrungen lernen. Man darf alle Fehler selbst machen, aber ab und zu ist es auch praktisch, von den Fehlern und Erfahrungen anderer zu profitieren. Dann lernt man schneller.
Jetzt erst mal schlafen: Ab Morgen ist hier 3 Tage Konferenz. Da werde ich vermutlich auch nicht zum Schreiben kommen. Aber hinterher.