Leben entdecken – Fragen kostet nichts
War ich heute lebendig?
Ja!
Durch buntes Herbstlauf laufen und es mit den Füssen aufwirbeln ist einfach nur schön!h
Was habe ich Neues über das Leben entdeckt?
Fragen kostet nichts. Meine Theorie: Menschen helfen fast immer gern, wenn sie die Kapazitäten und Möglichkeiten haben, einen anderen Menschen dabei zu unterstützen, dass sein Leben besser gelingt. Nur oft weiß man gar nicht, wie man helfen kann. Oder wagt es nicht, zu fragen,
In den letzten Tagen habe ich viel gefragt:
1. Den genialen Online-Shop Avocadostore für faire und schöne Dinge, ob sie unseren Kalender 2014 in der Weihnachtszeit bewerben wollen.
– Die Antwort: Ja gern. Und haben ihn gleich auf die Startseite gesetzt.
2. Einen Freund, ob er mir sein Schweißgerät ein paar Tage leiht, bis ich ein eigenes funktionstüchtiges habe (Das Monster, das bei mir an Bord ist, hat keine passenden Stecker und ich habe etwas Bedenken, gleich mit einem Dinosaurier Schweißen zu lernen…nein, keine Angst…zuerst schau ich nur zu…dann übe ich vielleicht ganz vorsichtig draußen an Deck)…
– Antwort: Jupp
3. Einen Verkäufer für handliche Schweißgeräte, ob ich Rabatt bekomme.
– Antwort: Ja!
4. Einen Abwasserspezialisten (Kontakt einer Freundin), ob er mir beim Planen der Wasserentsorgung auf dem Schiff hilft.
– Antwort: Sehr gerne. Bin eher Spezialist für Sickerwasser, aber ich schau mir das gern mal an – und wenn ich nicht weiterweiß, empfehle ich dir jemanden, der es kann.
5. Meinen Zahnarzt, ob er eine zerbrochene Schiene, die ich erst mal mit Sekundenkleber provisorisch geflickt habe, reparieren kann.
– Antwort: Bringen Sie die Schiene am Freitag vorbei. Ich mache das dann übers Wochenende.
6. Einen Freund in Hamburg, ob er mir einen günstigen gebrauchten Kaminofen für mein Schiff in Hamburg abholen und mitbringen kann…damit es kuschelig wird.
– Antwort: Klar.
7. Einen genialen Professor und Architekten für umweltgerechtes Bauen, ob er und seine Studenten bei der Planung mithelfen wollen.
– Antwort seines Assistenten: Die Arbeiten für dieses Semester sind schon vergeben – ich habe es trotzdem an ihn weitergeleitet. (Hier hab ich noch ne Bitte an meinen Gott hinterher geschoben und ihm gesagt, dass ich es supercool fände, wenn es doch einen Weg gäbe, dass mich die Top-Profis da unterstützen könnten!)
8. Eine Freundin, ob ich mir ihr Auto für einen Transport leihen kann.
– Antwort: Nein, das möchte ich nicht. Das Auto ist ganz neu und noch nicht abbezahlt.
Überraschenderweise hat eine anderen Freundin – ohne davon zu wissen – mir gemailt: „Ich würde Dir gern viel mehr helfen, aber meine Zeit ist sehr begrenzt. Es ist schlecht für mich, einen halben oder ganzen Tag einzusetzen. Aber ich kann sehr gern für Dich Dinge besorgen und Fahrten machen, mal ein Mittagessen vorbeibringen oder solche Sachen, oder auch Übernachtungsgäste aufnehmen… alle möglichen Dinge, die ich mal so einschieben kann – ein-zwei Stündchen finden sich immer…“
9. Einen Schuster, ob er mir ein Loch in einen Gürtel macht, der mir zu weit geworden war.
– Antwort: ok
Ich bin überrascht, wie gern Menschen helfen. Sicher spielt beim gerne helfen auch eine Rolle, dass das Schiff selbst ein Ort werden wird, an dem wiederum anderen Menschen geholfen wird. Trotzdem: Es ist ein riesiges Geschenk. Und ich bin sooo dankbar für alle großen und kleinen Hilfen.
Was habe ich über mich gelernt?
Es macht das Leben so viel entspannter und schöner, dass ich heute ganz locker und offen bitten kann. Früher konnte ich das nicht. Da habe ich manchmal erwartet, dass die anderen schon wissen oder ahnen, was ich brauche. Nur: Das tun sie meistens nicht. Oder ich hatte Sorge, ihnen zur Last zu fallen und mir viel zu viele Gedanken darüber gemacht, was sie vielleicht denken, belasten, stressen könnte – ohne natürlich zu wissen ,ob das wirklich so ist. Ich habe es deshalb nicht gewagt, meine Bitten zu äußern.
Heute gehe ich meist davon aus, dass Menschen erwachsen sind und eigene Entscheidungen treffen. Ich versuche den Hintergrund meiner Bitte klar und nachvollziehbar zu äußern. Also verständlich zu machen, wieso ich Hilfe brauche und warum ich gerade sie bitte. Und es dem anderen dann frei zu stellen, ob er die Bitte erfüllen will oder nicht. Und wenn er – wie die Freundin mit dem Auto – „nein“ sagt, ist das für mich voll ok. Er oder sie trifft eine Entscheidung für sich – nicht gegen mich. Das entspannt.
Bitten ist schön.