„Ich wünschte mir, ich wäre nicht immer so angespannt und verkrampft“, erzählte mir ein Kunde.
Rat geben ist kein Coaching-Werkzeug
Wir alle geben einander Ratschläge. Ein guter Freund oder ein Ratgeber würde in so einem Fall Tipps geben.
- “Nimm Magnesium”
- “Mach progressive Muskelentspannung”
- “Geh öfter Spazieren”
Ratschläge sind in der Regel gut gemeint.
Manchmal sind diese Tipps hilfreich, oft aber auch nicht.
Das liegt oft daran, dass sie in irgendeiner Form nicht zum Leben des Ratsuchenden passen. Vielleicht verträgt er kein Magnesium, schläft bei Muskelentspannung immer ein und geht ungern spazieren oder findet es wegen der Hundehaufen auf dem Weg unerträglich oder aufgrund der hässlichen Umgebung nicht entspannend.
Das andere Problem bei vielen Ratschlägen besteht darin, dass sie oft nicht den Kern des Problems treffen. Ganz oft weiß man als Ratsuchender den Kern des Problems selbst nicht.
Ich kann mich an eine Situation erinnern, in der ich über Wochen hinweg unangemessen stark angespannt war – so wie ich es von mir überhaupt nicht kenne.
Meine normalen Tipps und Tricks, um gelassener zu werden und auch die guten Ratschläge der anderen halfen mir überhaupt nicht weiter.
Erst durch ein Coaching mit einer Kollegin konnte ich ein stressauslösendes Denkmuster entdecken und auflösen.
Wie gehen Coaches denn vor.
Coaching löst Prozesse aus
Gute Coaches geben selten oder nie Rat. Sie stellen stattdessen ungewöhnliche, kraftvolle Fragen, die den Klienten dabei unterstützen, selbst Klarheit zu finden.
Das geschieht meist durch Fragen, die dem Kunden helfen, sich selbst auf die Spur zu kommen und zum Beispiel den Unterschied zwischen dem problematischen Denken und Verhalten und dem gewünschten Denken und Verhalten genau herauszuarbeiten, damit der Kunde Muster erkennt und lösen kann.
Fragen, die helfen, selbst zu neuen Erkenntnissen zu kommen, sind zum Beispiel:
- Wie würdest du selbst das Problem lösen, wenn du 10 Jahre älter und erfahrener wärst?
- Stell dir mal vor, du hast das Problem schon gelöst – wie hast du es wohl gemacht?
- Welchen Nutzen hatte das Problem bisher? Wie könntest du den gleichen Nutzen herstellen, ohne dafür das Problem zu brauchen?
Solche Fragen sind herausfordernd.
Manchmal antworten Kunden spontan: “Boah, das ist eine gute Frage” (oder auch “Das ist eine Sch… frage”).
Doch wenn sie dann die Antwort gefunden haben, leuchtet bei ihnen alles.
Der Grund: Wenn wir Aha-Erlebnisse haben, schüttet unser Gehirn einen Cocktail von berauschenden Hormonen aus, die denen ähnlich sind, die man beim Sex hat. Man könnte etwas salopp formulieren: Man bekommt einen Orgasmus im Kopf.
Das hat einen guten Grund: Die Ausschüttung von Hormonen bei Aha-Erlebnissen führt dazu, dass man sich die berauschenden Aha-Erlebnisse viel tiefer merkt.
Momente, in denen man etwas wirklich versteht, bleiben weit tiefer in Erinnerung, als wenn man etwas nur gesagt bekommt.
Ich habe keine Ahnung mehr, wie die römischen Kaiser hießen, aber ich weiß noch, wie ich zum ersten Mal auf einer Landkarte verstanden habe, warum die Landmasse von Italien als „Stiefel“ bezeichnet wird.
Ich weiß die Namen der englischen Grafschaften nicht mehr, aber ich kann mich noch erinnern, wo und wie mir klar wurde, dass „engaged“ im Englischen nicht nur „verlobt“ heißt, sondern auch „besetzt“ (bei Toiletten).
Echte Erkenntnisse, die mit Emotionen verbunden sind, verändern das Leben.
Ich habe den Kunden, der mir vor seiner Anspannung erzählte, gefragt, woran er merken würde, wenn er nicht mehr angespannt wäre:
„Ich würde lächeln und aus dem Fenster schauen!“
„Und noch!“
„Ich würde mir entspannt eine Tasse aus dem Schrank nehmen und Tee kochen?“
„Und noch?“
„Ich würde eine Orange essen und genießen.“
„Und noch“
„Sie sind aber hartnäckig!“
„Ja und das ist gut so. Also, was ist noch anders…?“
Insgesamt habe dann ich zwei Stunden lang nichts anderes gemacht als „und noch?“ gefragt und mitgeschrieben, was er gesagt hat.
In diesen zwei Stunden entstand in seinem Kopf ein Bild, wie er auch leben und sich verhalten kann, eine Vision von einem freien und entspannten Leben.
Er war fasziniert von dem, was er entdeckte. Das hat weit mehr Kraft.
Vorher wusste er nur, was er nicht mehr wollte – verspannt sein. Hinterher hatte er eine Vision dessen, wie er leben wollte.
Ich gab ihm keinen einzigen Rat, sondern schenkte ihm durch meine Fragen den Raum, den er brauchte, um für sich selbst Perspektiven und Lösungen zu entdecken.
Das erlebe ich im Coaching oft, dass Kunden mir hinterher sagen: „Du hast mir sehr geholfen. Dein Rat war klasse!“
Dabei habe ich ihnen gar keinen Rat gegeben, sondern nur Fragen gestellt, die zu AHA-Erlebnissen geführt haben.
Das ist die Kunst des Coachings.
Menschen durch gute Fragen und andere Tools dabei unterstützen, sich selbst auf die Spur zu kommen.
Coaching selbst entdecken und lernen
Die beste Möglichkeit, den Unterschied zwischen Beratung und Coaching zu entdecken, ist natürlich, sich selbst ein Coaching zu gönnen. Gern auch bei mir.
Ich coache live in Berlin auf meinem Haus- und Coachingschiff , aber auch per Telefon und Zoom. Termine kannst du dir online aussuchen und buchen.
https://kerstinhack.de
Einige der besten Coaching-Fragen habe ich in dem Impulsheft Powerfragen. Impulse für Lösungen zusammengestellt. https://down-to-earth.de/shop/power-fragen-impulse-fuer-loesungen-kerstin-hack/
Und die grundlegenden Techniken des systemischen Coachings habe ich in dem Quadro-Trainingsheft Coaching Basics erklärt.
Das ist ein guter Einstieg, um Coaching besser zu verstehen oder – falls du bereits als Coach ausgebildet bist, eine gute Zusammenfassung der besten Coaching-Techniken. https://down-to-earth.de/shop/coaching-basics-menschen-begleiten-und-foerdern-kerstin-hack/
Sieh dir auch den folgenden Artikel an: Wann braucht man Coaching ? https://kerstinhack.de/allgemein/wann-braucht-man-coaching/