Ein ganz normaler Tag mit Gott
Derzeit passiert so viel, dass ich mit dem Schreiben kaum hinterher komme. Am Samstag war so ein „ganz normaler Tag mit Gott“.
Manche Tage sind weitgehend ohne große neue Erkenntnisse. Einfach normale Tage mit einem Gott, der mir begegnen will. Und durch mich anderen. Und durch andere mir. Mein tägliches Gebet ist: „Herr, gebrauche mich, um etwas von deinem Reich in meiner Welt sichtbar werden zu lassen.“ An diesem Samstag sah das so aus.
Samstag ist mein Schiffstag. Ich gehe zu meinem Schiff und helfe bei den Bauarbeiten mit. Ich empfand, dass ich zu einer bestimmten U-Bahn Station gehen sollte. Ich erlebe das relativ häufig, dass ich Gottes leise Stimme höre. Manchmal erkenne ich im Nachhinein den Sinn einer Anweisung. Oft auch nicht. Aber das ist ok. Ich vertraue, dass er schon weiß, was er tut.
Ich bin am Leben, weil ich so einem kleinen Impuls gefolgt bin. Vor Jahren luden mich Freundinnen zu einem Ausflug ein. In letzte Minute entschied ich mich, nicht mitzukommen, wegen eines eines „komischen Gefühls“ – damals konnte ich die leise Stimme des Heiligen Geistes noch nicht so gut. An einer Kreuzung fuhr ein Auto hinten auf sie drauf – so heftig, dass der Rücksitz bis auf den Vordersitz zusammengequetscht wurde – von vorne knallte es fast auf einen von rechts kommenden Bus. Den beiden ist nichts passiert, doch wäre ich mitgefahren wäre ich vermutlich zerquetscht oder vom Bus überrollt worden. Es ist hilfreich, auf die kleinen Impulse des Heiligen Geistes hören zu lernen. Und ihnen zu folgen.
Auf dem Weg zur S-Bahn sehe ich in einem Laden eine Frau mit Rollator. Wir kommen ins Gespräch. Sie sagt, dass sie Schmerzen in allen Gelenken hat. Ich kriege in dem engen, vollgestellten Laden die Kurve nicht, ihr Gebet anzubieten. Ich mag es definitiv lieber, wenn für Gebet mehr Zeit und Raum ist. Das mit den spontanen Gebeten in unbequemen Räumen will ich noch lernen.
In der SBahn kommt ein Anruf von einer Freundin. Ich hatte ihr erzählt, dass ich überlege, aus dem, was ich in England gelernt habe, einen Online-Kurs zu machen, so wie die Kurse, die ich zu Stärke im Leben, Arbeitsorganisation und Beziehung zu Gott schon entwickelt habe. Und vielleicht sogar einen Live-Trainings-Kurs in Berlin dazu mache. Einen Namen, der mir gefällt, habe ich schon: WUM: Wunder unter Menschen. Natürlich Gottes Kraft erleben.
Meine Freundin ist ganz begeistert – aufgeregt. „Du, ich wollte dir nur sagen, dass das mit deinem Kurs goldrichtig liegst. Ich habe mich gestern mit zwei jungen Frauen unterhalten, die auf einer Bibelschule waren, aber da nie gelernt haben, dass man auch im Geist und in der Beziehung zu Gott eine Gestalt hat und Grenzen. Die Grenzen kann man natürlich erweitern. Aber wenn man versucht, zu schnell über die Grenzen des bisherigen Wachstums in Gott hinaus zu gehen, landet man im Burnout oder in der Verzweiflung. Ich spüre, dass es total wichtig ist, dass du diesen Kurs machst und ich wollte dir anbieten, dass ich zu dem Thema „Wachsen im Geist“ eine Einheit machen könnte. Ich freue mich über die Ermutigung und antworte lachend „Für dieses Thema habe ich dich schon eingeplant!“
Am Schiff lasse ich es langsam angehen. Ich streiche, entferne Farbe von der neuen Tür, die jetzt zum Vorderschiff führt – und stelle fest, dass Farbe, die man mit der Heißluftpistole erwärmt hat, auch hinterher noch heiß ist. Ich helfe mit, große, unhandliche Holzplatten, von denen eine 50 Kilo wiegt, an Bord zu tragen. Danach tut mir der Rücken weh. Das ist aber glaube ich normal. Schade, dass niemand an Bord war, der stärker ist als ich.
Eine Helferin hat einen großen blauen Fleck, der nicht gut aussieht. Ich bete, dass alles gut verheilt.
Nach einer Runde in der Spree, in der ich mir vorstelle, von Gottes heilendem Wasser umgeben zu sein, mache ich mich auf dem Weg zum Geburtstag. Das Geburtstagskind war Teilnehmerin bei einem meiner Seminare. Sie hat ihre Gäste gebeten, mitzuhelfen die Teeküche an Bord meines Schiffes zu finanzieren! Wie wunderschön!
Ein Gast, den ich kenne, sieht traurig aus. Ich frage nach. Der Grund ist viel Last in der Pflege der alten Eltern. Ich höre zu und bete um Segen und neue Kraft. Ein anderer Gast erzählt mir, dass er den Mann des Geburtstagskindes von Seminaren in State kennt. Dieses kleine Dorf erlebte einen geistlichen Aufbruch, als ein neuer Pfarrer kam. Der erkannte, dass die ansässigen Bauern im Sommer kaum Zeit für geistliche Themen hatten – im Winter wohl. Sie stellten im großen Pfarrhaus Betten auf und machten in den Wintermonaten Bibelwochen. Menschen fanden zum Glauben. Gott wirkte. Eines Tages war der Pfarrer zu Gast in einem Haus für Diakonissen – quasi evangelische Nonnen. Er erzählt eine uralten Schwester von dem, was an seinem Ort geschah. Sie fing an zu weinen. Sie hatte an diesem Ort ein Kinderheim geleitet und jahrzehntelang dafür gebetet, dass dort ein geistlicher Aufbruch geschehen würde. Ich weinte mit, als ich das hörte. Wie oft wissen wir gar nicht, wer für den Segen, den wir erleben durch seine Gebete mit ausgelöst hat.
Im Bus auf dem Weg zu einem Benefizkonzert – so voll sind nicht alle meine Tage – hustet eine Frau auf eine Art, die sehr schmerzhaft klingt. Ich spreche sie an und sie erzählt von Allergien. Ich frage sie, ob ich beten darf und bete, als sie bejaht, über den Gang des Busses hinweg für sie.
In der U-Bahn, die teilweise überirdisch fährt, sah ich, dass es heftig regnete. Ich hatte keinen Regenschirm dabei und freute mich, dass ich am Fußboden der Haltestelle eine große Einkaufstasche aus Karton fand, die ich kurzerhand zum Regenhut umfunktioniere. Ich dachte darüber nach, dass wir als Gottes Kinder Licht in die Welt bringen – einfach nur durch unser Dasein und entschied mich, den Weg zum Ziel zu wählen, der mitten durch den Straßenstrich führten, wo Großteil der Frauen von Armut oder Menschenhändlern gezwungen werden, dort ihre Dienste anzubieten. An diesem Abend stehen sie nicht wie üblich an der Straße, sondern sitzen zusammengekauert unter einem Vordach, um sich vor dem Regen zu schützen. Als sie mich mit meinem „Regenhut“ sehen, fangen sie an zu lachen. Nicht hämisch, sondern das fröhliche Lachen von Kindern, die etwas Lustiges sehen.
Ich lache und winke zurück und wünsche ihnen noch einen schönen Abend. Ich freue mich, dass ich ein ganz kleines bisschen Licht und Freude in ihre finstere Welt bringen konnte – und bin dankbar für Freunde von mir, die dort ein Café betreiben und den Frauen helfen, so gut sie können.
Beim Konzert genieße ich die herrliche Jazzmusik und Sarah Kaiser und ihre Band bete aus der Ferne segnend für eine Frau, die sehr unruhig wirkt und ein Korsett am Rücken trägt.
Eine Frau, die ich kenne, erzählt mir, ihr Mann sei ungeschickt gestürzt und habe sich vier Rippen gebrochen. Ich biete ihr Gebet an und empfinde, dass ich vor allem gegen Selbstvorwürfe beten soll, die er sich womöglich macht. Sich zu denken „Wie kann ich nur so dumm sein“ trägt vermutlich nicht zu schneller Heilung bei, wofür ich natürlich auch bete. Weniger bittend, als vielmehr segnend. In dem Wissen um die Autorität, die Jesus uns anvertraut hat.
Auf dem Nachhausweg schreit ein Mann, den ich durch das offene Wohnungsfenster höre sehr aggressiv. Die Worte, die ich hier nicht wiederholen mag, sind beleidigend. Es macht keinen Sinn, Dämonen rauszuwerfen, die sofort danach wieder eingeladen zu werden. Ich will die Person schützen, die angeschrieen wird, also binde ich den aggressiven Geist. Es ist Ruhe. Ich gehe nach Hause. Ein ganz normaler Tag mit Gott geht zu Ende.