Gemeinsam mit Flüchtlingen wohnen – ganz unbürokratisch

2015-11-01 15.35.51Seit Monaten frage ich mich, wo genau ich mich in am Besten der Flüchtlingsarbeit einbringen kann. Ich bin – glücklicherweise und manchmal auch herausfordernderweise – ein vielseitiger Mensch mit einer Reihe von Talenten und Gaben. Da ist das nicht so einfach. Ich hab dann erst mal nach passenden Aufgaben gesucht. Ich bin mit Flüchtlingen in ein Konzert gegangen, hab auf Facebook mit Flüchtlingen Volunteer Translators  gegründet,  eine Gruppe, die schnell mal beim Übersetzen von Texten, die die Helfer brauchen, mitmachen, hab auf dem Blog von Down to Earth inspirierendes und praktisches für die Helfer zusammengestellt. Und hab bei Freunden, Läden in der Umgebung und Firmen, die ich kannte, Spenden gesammelt (im Wert von einigen Tausend Euro an Sachspenden). Die meisten Spenden waren für eine Notunterkunft bei mir um die Ecke und das Team von Place4Refugees, das sich um Flüchtlinge kümmert, die keine Unterkunft hatten – vor allem wegen Chaos bei unserer Verwaltung. Außerdem hab ich mit Berliner Christen für eine Veränderung der Sitaution gebete, einzelne Flüchtlinge und ihre Helfer gecoacht, bei der Verbreitung einer Petition gegen die menschenunwürdigen Zustände bei unserer Flüchtlingsverwaltung mitgeholfen usw.  Da ich viel unterwegs war, konnte ich mich auch nicht regelmäßig an einer Stelle engagieren. Trotzdem blieb die Frage: Wo genau ist hier mein Platz?

Letzten Dienstag war dann ein Bürgertreffen mit unserem Bürgermeister geplant, bei dem auch die Flüchtlingsfrage und das Berliner Chaos Thema sein sollte. Im Vorfeld habe ich gebetet und mich gefragt, was genau ich ansprechen sollte. Mir lag dann besonders die – schrecklich bürokratische – Vermittlung von Mitwohngelegenheiten für Flüchtlinge am Herzen, die verhindert, dass Flüchtlinge bei Menschen wohnen können, die sie tatsächlich gern aufnehmen würden. Ich frage also Senator Geisel, der in Vertretung des Bürgermeisters gekommen war:

„Viele Hunderte, vermutlich Tausende Berliner Bürger würden Flüchtlinge bei sich aufnehmen, aber tun es nicht, weil sie an umständlichen bürokratischen Prozesse scheitern. (Spontaner Applaus im ganzen Saal). Wenn ich – zusammen mit den Vereinen, die sich engagieren – Wege entwickeln würde, die leichter und unbürokratischer sind – würde der Senat das unterstützen?“

Seine Antwort war – unter der Vorraussetzung, dass es natürlich menschenwürdig sein muss „Ja!“

Er sagte mir dann noch zu, mir den Kontakt zu der Arbeitsgruppe zu geben, die sich um Wohnraum für Flüchtlinge bemüht.

Mittwoch schrieb ich eine Kurznachricht über das Treffen an die Pinnwand der Facebook-Gruppe place4refugees. Die Idee, ein Konzept zu erarbeiten, stieß auf viel Begeisterung.

Donnerstag fragte mich die Initiative zuhause.io an, die Flüchtlinge in Familien vermitteln wollen, ob wir uns spontan am gleichen Tag treffen können. Ich schrieb in Windeseile den ersten Entwurf für das Konzept und stellte es vor. Beim Treffen vereinbarten wir Zusammenarbeit und konnten uns auch gegenseitig bereits mit wichtigen Aspekten unterstützen.

Freitag  fragte ein guter Bekannter mich, ob ich Flüchtlingsinitiativen kennen würde, ein befreundeter Inhaber einer Grafikagentur würde gern noch vor Jahresende etwas spenden.

Samstag rief der Agenturchef an. Er würde uns 6000 Euro spenden und das Projekt auch mit Grafik und Designleistungen unterstützen!!! Wow! Und was für ein Geschenk, keine olle selbstgestrickte Website zu haben, sondern eine, die richtig professionell ist. Eine leitende Mitarbeiterin der Diakonie Deutschland, die „zufällig“ an dem Tag bei mir an Bord war, sagte mir Hilfe beim Herstellen von Kontakten zu. Abends traf ich mich mit dem Team von Place4Refugees, das das mitträgt, um eine erste Besprechung des Konzeptes zu machen.

Montag machte ich eine Spendenseite bei Betterplace auf. Gern dürft ihr da auf „gefällt mir“ drücken und eure Meinung sagen. Gerade in der Anfangsphase wäre es toll, wenn wir ein paar „Gefällt mir“ und positive Kommentare bekommen würden.

Dienstag traf ich mich zu einem Erstgespräch in der Agentur.

Mittwoch fuhr ich in die Weihnachtsferien und telefonierte noch länger mit einem Anwalt, der mir Tipps zum Verfassen der rechtlichen Aspekte gab. Und mir versprach, die verwaltungsrechtlichen Sachen eine Verwaltungsexpertin zu fragen. Ich fragte meinen Steuerberater dann wegen der steuerrechtlichen Sachen (Aufwandsentschädigung) an. Puh! Was für eine Woche!!! Selbst für meinen Geschmack fast zu schnell. Aber begeisternd gut.

Eine Freundin meinte: „Das sieht so aus, als ob du durch eine offene Tür gefallen wärst – nee, als ob da eigentlich keine Tür da war.“

Ich ahne, dass das Ganze die Antwort auf meine Gebete ist, wo ich mich einsetzen soll. Konzepte entwickeln, Kampagnen gestalten, Grafik durchdenken, Menschen mobilisieren – all das kann ich relativ gut. Ich habe auf einen inneren Impuls die geplanten Publikationen für 2016 schon auf  ein Drittel der bisherigen Menge reduzieren, bleibt auch Zeit. Vermutlich zumindest.

Mein Ziel ist es, dass wir Ende 2016 insgesamt für 10.000 geflüchtete Menschen Wohnraum bei und mit Berlinern gefunden und schlank und effizient vermittelt haben: In WGs oder bei Familien. Einen Arbeitstitel hab ich auch schon: Kolibri (Konzept für leichte Integration von Berliner Refugees und Refuginnen). Gleichzeitig ahne ich auch, dass es dennoch kein Zuckerschlecken wird. Leicht wird es sicher nicht. Wer mir mit Rat, Tat und / oder Gebet zur Seite stehen will, kann sich gern bei mir melden.

2016 wird spannend werden!

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