Wenn in Berlin Marathon ist, bin ich oft dabei. Nicht als Läuferin, sondern am Rande. Um die anzufeuern, die laufen. In meiner früheren Gemeinde haben wir oft auf einer Verkehrsinsel gesungen – um den Läufern Mut zu machen. Ich wohne in der Nähe von km 20 – und beim Marathon versuche ich besonders die zu entdecken, die gerade etwas müde und kraftlos wirken, nehme Blickkontakt auf, winke, lächle und juble ihnen zu. Andre stehen am Rand und reichen den Läufern Wasser. Diese emotionale und praktische Unterstützung ist essentiell. Besonders bei den richtige harten Stellen. Etwas weiter – so etwa bei Kilometer 28 geht es bergauf – naja, so bergauf, wie es in Berlin eben bergauf gehen kann. Das Ziel ist noch weit weg. Die Kräfte auch. Und der Anstieg zieht sich lange hin. Da ist die Unterstützung besonders wichtig.
Ich erlebe den Schiffsbau wie einen Marathon
Seit über 12 Jahren träume ich von einem Ort, an dem ich Menschen für kürzere und auch für längere Zeit Begleitung anbieten kann. Seit November 2011 fing die konkrete Umsetzung an. Die Suche nach einem Schiff (Ebay sei Dank) und einem kompetenten Schiffsbauer (dem Himmel sei Dank – was Besseres als Karl Kinsky hätte ich mir noch nicht mal ausdenken, geschweige denn finden können). Prüfungsphase. Im April 2012 dann der Kauf und der Beginn der Renovierungsarbeiten.
Die ersten 11 Monate – etwa 60% der Gesamtstrecke liegen hinter mir. Wir haben eine Menge geleistet. Die Grundsanierung dürfte im März fertig sein. Dann kommt “nur” noch der Innenausbau. Dennoch ist die Phase jetzt so mittendrin besonders hart. Die Energie des Anfangs ist verbraucht, das Ziel noch nicht in Sicht. Und es gibt einige steile, lange Anstiege zu bewältigen: Die Überflutung des Schiffs hat mich viel Geld gekostet und uns um Wochen zurückgeworfen – wie massiver Gegenwind beim Marathon. Die zusätzlichen Schwachstellen und unerwartet hohen Kosten für die Sanierung des Stahls zehren auch an den Kräften und dem Budget. Jetzt waren wir fast mit allen Werftarbeiten fertig – da fing es an zu schneien. Bei Schneefall ist kein Unterbodenanstrich möglich. Weil ein anderes Schiff unseren Platz braucht, werden wir aufs Wasser geschleppt, wo wir nicht arbeiten können und müssen warten, bis das Wetter wieder besser wird und das andere Schiff wieder weg ist. Das ist frustrierend. Ich könnte fast weinen. Wieder eine Woche oder 10 Tage Verzögerung. Obwohl wir schon sehr viel geschafft haben, scheint das Ziel gerade noch sehr weit entfernt.
Beim Marathon gibt es die Menschen, die am Rand der Strecke stehen, die Zusehen, Jubeln, Ermutigen und Stärkungen verteilen. Laufen muss man selbst – doch die Stärkung trägt weiter. Ich merke, wie gut mir in dieser Phase des langen Laufs Ermutigung tut und wie nötig ich sie brauche: Die Freundin, die segnend für mich betet, die Schokolade, die mir jemand schenkt, eine Karte mit einem Text, der mich berührte und stärkte, die Blumen, die mir ein Filmteam vor ein paar Tagen mitbrachte, die Helfer, die mit anpacken, das eine oder andere Geschenk, die ermutigenden Kommentare – all das gibt mir Kraft, weiterzulaufen. Und ich weiß…in ein paar Monaten wird der Zieleinlauf schon fast sichtbar sein.
Go for it liebe Kerstin, you’ll do it.
Du tust Deinen Teil und Gott den seinen – einem Läufer gehen während des Laufs wohl tausend Dinge durch den Kopf, er setzt sich wenn es ganz besonders hart und schmerzvoll wird kleine Zwischenetappen – dort den Baum, dort das Haus, diesen einen Hügel… und er kämpft gegen diesen inneren Schweinehund an, gegen die Schmerzen und die Erschöpfung. Manchmal auch gegen Kälte, Hitze oder Regen, Materialermüdungen.
Du wirst mit diesem Schiff eine Vision umsetzen – Deine Vision und es ist eine wundervolle Vision. Mittlerweile ist es nicht mehr nur eine Idee, nicht mehr einfach eine Vision – mittlerweile nimmt bereits alles Gestalt an. Es wird geschweisst, geschraubt, gehämmert und und und – dieses Begegnungsschiff, in dem auch jetzt bereits Lebensschule stattfindet ist bereits hochwirksam und im Einsatz, auch wenn es manchmal nicht so scheint.
Glaube bedeutet oft auf Hoffnung hin Entscheidungen zu treffen, zu handeln und Schritte zu gehen. Petrus war wohl immer ein Eiferer in seinem Leben – er setzte als einziger Jünger den Fuss aufs Wasser und verliess die scheinbar sichere Umgebung des Bootes, lief auf Jesus zu. Er machte Erfahrungen, was die Folgen von Zweifeln sind – und so wünsche ich Dir und allen involvierten Menschen diesen festen gewachsenen Glauben.
Danke, Tobias. Das tut gut!